Bulgarien – Vratsa, immer Ärger mit Monti

Monti, unser mittlerweile 6-wöchiges Kätzchen, macht uns schon wieder Sorgen. Er frisst und trinkt nicht mehr. Das nächste Date mit dem nächsten Tierarzt (Nummer 3) also. Wir steuern das Hörnli darum nach Osten, in die Stadt Vratsa. Dort findet Sabine die Tierarztpraxis Sana Vita. Die freundliche Tierärztin und die Tierarztassistentin sprechen englisch, Google Translate kann also Pause machen. Das Team misst Fieber, hört ihn mit dem Stethoskop ab und tastet ihn ab. Das volle Programm. Monti scheint nichts zu fehlen. Was also ist los mit ihm? Hat er einen der vielen Stinkkäfer gefressen und ist ihm deshalb schlecht? Wir werden es weiter beobachten.

Bei einem weiteren Besuch bekommt er von der Tierärztin einen Chip eingepflanzt und einen richtigen Pass. Monti ist jetzt Bulgare mit rumänischem Migrationshintergrund.

Wo wir schon mal mitten in der Stadt sind, können wir sie auch gleich besichtigen. Vratsa hat knapp 50000 Einwohner und ist Mittelpunkt eines sehr dünn besiedelten Gebietes. An den Ortsrändern sieht die Stadt etwas ramponiert aus. Die lebendige Innenstadt hat aber eine sehr grosse gepflegte Fussgängerzone mit vielen Ladengeschäften, ein paar Restaurants und ein paar eindrucksvollen alten und neueren Gebäuden. Viele Ahornbäume spenden Schatten. Die über 1000 m hohen umliegenden Berge liegen fast immer im Blickfeld. Und die Stadt ist stellenweise aussergewöhnlich hell, weil viele Fassaden mit dem hier massig vorhandenen Kalkstein versehen wurden.

Das Reisebüro verkauft Exkursias nach Paris, London, Deutschland. Sogar Reisen nach Schloss Neuschwanstein lassen sich hier buchen. Alle haben ein Recht auf Übertourismus.

Der Bio-Markt bringt natürliche und ökologische Lebensmittel an Bio-Bulgarinnen. Ob Zuckerwatte und Eiskaffee auch Bio sind, wissen wir nicht.

Wer es mit Bio nicht so genau nimmt, kann sich auch mit Palatschinka, den typischen Ostblock-Omeletten, und anderen Leckereien eindecken.

Aber uns ist eher nach etwas Exotischem. Im Restaurant Piazza Italia lassen wir Heimweh-Italiener uns verwöhnen. Das Menü ist italienisch, an den Nachbartischen wird italienisch gesprochen, aus den Lautsprechern rieselt Laura Pausini und Lucio Dalla. Und die Menschen flanieren draussen vorbei. Es wird auf höchstem Niveau gekocht. Ein bisschen Italianità mitten in Bulgarien. Was für ein tolles Erlebnis.

Wie auch schon in Chisinau, scheint Kaffee das grosse Thema zu sein. An jeder Strassenecke steht ein Automat und verkauft den Wachmacher.

An Moldawien erinnern stellenweise auch die Gehwege. Wer hier auf Rollator oder Rollstuhl angewiesen ist, hat es echt schwer.

Und was fährt Vratsa? Hauptsächlich alte Autos. Sie stammen aus einer Zeit, als man in Deutschland die Autoindustrie mittels Abwrackprämie mit 5 Milliarden Euro förderte um die CO2-Bilanzen zu frisieren. Merkelsche Verlogenheit halt. An die vernichtete graue Energie wollte seinerzeit niemand denken.

Ein Traum von mir war es immer schon mal zu einem bulgarischen Friziorski Salon zu gehen. Heute geht dieser Traum in Erfüllung. Bei Vega Style schneidet mir eine sehr freundliche Coiffeuse den besten Haarschnitt, den ich je hatte. Kosten inkl. Trinkgeld: 10 Euro. Hammer.

Der Zahnriemen vom Hörnli ist das nächste Thema das uns beschäftigt. Nachdem in Rumänien schon die Lichtmaschine ihren Geist aufgegeben hat, trauen wir dem Zahnriemen auch nicht mehr so richtig. Er hat zwar noch keine 200000 km auf dem Buckel, ist aber bereits 8 Jahre alt (vorgesehen sind max. 6 Jahre). Ein gerissener Zahnriemen würde einen totalen Motorschaden bedeuten. Das können wir uns nicht leisten. In Vratsa steuern wir deshalb die Auto-Bosch Werkstatt an. Es ist eine der wenigen Werkstätten in Vratsa, die hoch genug für das Hörnli ist. Und Momchil Bojidarov Ivanov, der Besitzer, spricht sogar deutsch, weil er lange in Wien gelebt und gearbeitet hat. Wir geben das Hörnli ab. Wohin nun aber mit einer Katze im Gepäck? Einen ganzen Tag lang? Ohne unser rollendes Zuhause?

Wir beschliessen ein Hotel zu suchen, das Haustiere akzeptiert. Das ist gar nicht mal so einfach denn die meisten bulgarischen Hotels akzeptieren keine Hunde und Katzen.

Eines der wenigen haustierkompatiblen Hotels befindet sich am südlichen Stadtrand von Vratsa. Das Hotel Chaika liegt romantisch an einem Weiher und ist schön gestaltet. Es bietet einen spektakulären Blick ins Gebirge.

Wir werden freundlich begrüsst, bezahlen einen kleinen Aufpreis für die Katze und beziehen kurz darauf ein recht grosses Zimmer mit Balkon. Natürlich ist alles etwas in die Jahre gekommen, aber das passt für unseren wilden Tiger perfekt. Sein Vorbild ist nämlich Keith Moon, der englische Rockmusiker von The Who, der gerne Hotelzimmer verwüstete. Überhaupt passt Monti das gebuchte Zimmer gar nicht. Obwohl es mit 28 m2 etwa 2,5 x so gross ist wie der Bus, wird unser Tiger so richtig pampig und wir bringen ihn in der letzten Nacht wieder in den Bus zum Übernachten. Dort scheint er sich wohler zu fühlen.

Das Frühstücksbüffet im Hotel ist echt gut. Es gibt eine Art Rührei-Pastete mit Käse, Salami, Scheibenkäse, Würstchen, frische Melonen, Tomaten, Brot, Gipfeli, Lokum und guten Kaffee. Der Soundtrack? Sing Hallelujah von Dr. Alban und bulgarischer Pop. In einer Lautstärke, die auch komplett übernächtigte Katzeneltern auf Zack bringt.

Das Abendessen kann leider nicht ganz mit dem Frühstück mithalten. Liebevoll wird Tiefkühlkost à point aufgewärmt und der bestellte Shopska-Salat ist etwa so alt wie Bobby McFerrins Don’t Worry, Be Happy das nun aus den Lautsprechern dröhnt. Schade.

Am nächsten Tag holen wir den Bus von der Werkstatt ab. Für den Zahnriemenwechsel und Einbau der neuen Wasserpumpe bezahlen wir keine 450 Euro. Das entspricht etwa einem Drittel des Preises, den wir in der Schweiz bezahlt hätten. Merci Momchil.

Weil wir so viel Geld gespart haben, zieht’s uns nochmal in ein Restaurant. Hier sieht das Essen besser aus als es schmeckt. Dafür ist die Lage der Gartenwirtschaft in der Altstadt schön.

Vratsa hat uns mit seiner unaufgeregten Art und schönen Lage super gefallen.

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